Gay-Games-Tagebuch – Tag 0 (Freitag, 08.08.2014)

Wir sitzen am Eriesee. Die Sonne scheint, der Wind weht wie am Meer, die Federn der Möwen blähen sich gegen den Wind auf – aber Meeresduft ist Fehlanzeige. Nach einer durchaus anstrengenden Reise kommt so etwas wie Erholung auf. Gestern früh statt um 9:30 Uhr mit einer Stunde Verspätung gestartet, in New York den Anschlussflieger nach Cleveland natürlich nicht bekommen und dann dafür erfreulich früh um 17 Uhr Ortszeit am Turnierort angekommen (-6 Stunden Zeitverschiebung). Das Gepäck hat einen eintägigen Umweg über Boston genommen – daher ist die Freude, die Tanzklamotten wieder in den eigenen Händen zuhalten, umso größer. Auch für uns war dieser Umweg von 3h bereits gebucht, aber konnten in letzter Minute die Airline-Mitarbeiterin noch überzeugen, die frei gewordenen Plätze im eigentlich ausgebuchten Direktflug an uns zu vergeben.

Am Kanal zum Eriesee - rostige Brücke am rechten Bildrand haben wir zu unserer Überraschung in Funktion erlebt

Nun zu Cleveland: Hier ist es AMERIKANISCH. Hochhäuser, große Autos, breite Straßen und im Restaurant so große Portionen, das selbst Kerstin bereit ist, zu teilen. Verrostete Klappbrücken und alte Fabriken zeugen noch von der ehemaligen Stahlhochburg am Eriesee. Doch ist der Cleveländer durchaus bemüht, trotz offensichtlich leerer öffentlicher Kassen, aus dem Vorhandenen das Beste zu machen. So gibt es allerlei Museen, Musikveranstaltungen und Cafes  in modernisierten Industriebauten. Vor allem zeichnet sich der Cleveländer dadurch aus, dass er die Gay-Games-Athletes and -Spectators in jeder erdenklichen Form willkommen heißt. Gleich am Lost-and-Found-Schalter der American Airlines in Cleveland versprach uns der Mitarbeiter mit Regenbogen-Kravattennadel, am Dienstag beim Tanzen zuzuschauen – und sich natürlich mit besonderer Hingabe um unser Gepäck zu kümmern, damit wir überhaupt starten können. Er gab uns sehr deutlich zu verstehen, dass er SOO stolz sei, dass SEINE Stadt die Gay-Games beherbergt – und dass er das  NIE gedacht hätte. Cleveland hatte sich immerhin gegen Größen wie Washington und Boston durchsetzen können.  Zur Registration wurden wir von unglaublich vielen Volunteers begleitet und mit allerlei Informationen, einer riesigen Teilnehmermedallie und vielen, vielen besten Wünschen wieder in die City entlassen. Seitdem wir nun das Badget tragen, werden wir von wildfremden Leuten auf der Straße freudig begrüßt, nach unserer Sportart gefragt und dafür bewundert. Ein Officer vor dem hiesigen Gericht, brachte den Grund dieser Freundlichkeit in einer der ärmsten Städte Amerikas vielleicht auf den Punkt: „Habt viel Spaß in Cleveland, lasst viel Geld hier und erzählt es weiter, wenn es euch gefallen hat.“

Charmant diese Ehrlichkeit und wir müssen oder wollen gestehen: Der erste Tag hat uns gefallen. Naja, und wir haben auch  schon eine Federboa in Regenbogenfarben erworben. Mal sehen, was die nächsten Tage bringen, wir werden berichten.

Kerstin & Cornelia, 08.08.2014

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