Gaygames Tagebuch Tag 7 (Freitag, den 15.08.2014)

Gewagtes Farbexperiment: Regenbogen (schrill) mit blau-silber (elegant) und gold (fast nicht zu sehen)

Während die Seniorinnen noch fleißig tanzen, nutzen wir die Gelegenheit, unsere müden Knochen in die Sonne zu halten (allerdins ist es dabei mit18 Grad doch NOCH erfrischend kühl) und mit einem leckeren Eis aus der schon „besungenen“ Manufaktur (siehe Tag 1) zu belohnen, dass aufgrund seiner Größe diesmal sogar Kerstin an die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit und Conny zum Aufgeben zwang. Gott sei Dank, hat es mit dem Tanzen besser geklappt. Zwar waren bei den Frauen im 10 Tänze Wettbewerb nur 4 Paare am Start (dies jedoch aus drei Kontinenten) und vor allem die europäischen Gegnerinnen fehlten weitgehend. Dennoch sorgten die Kanadierinnen mit ihrer großen Fankurve für ausreichend Finalstimmung. Doch auch die deutschen Mitgereisten bemühten sich um Anfeuerung, insbesondere weil es in der Standardsektion zwischen Kanada und den da noch Zweitplatzierten Kölnerinnen Angelina und Sabine knapp zuging. Besonders bejubelt wurden die Canadierinnen noch dafür, dass sie uns in Latein noch die letzten beiden Tänze abgenommen haben. Aber das lässt sich verschmerzen, wenn man in Standard nur eine „1er“ Wertung abgeben musste. Es war ein schönes Gefühl, nach drei Wettkampftagen dann kaputt aber glücklich auf dem obersten Treppchenplatz zu stehen. Außerdem konnten wir unsere frisch erworbenen regebogenfarbenen Federboen (siehe Tag 0) zum Einsatz zu bringen, die super mit den blauen Lateinfedern harmonierten (! – Kerstin mault „aber nicht mit dem Rest der Klamotte“ – ihr könnt euch mit dem Foto eine eigene Meinung bilden).

Zwischen unseren Runden konnte man American Rythm und Smooth bewunden, mit den Doppelsiegern Sergh Aliev & Chrisjohn Batters, die später am Abend auch noch das Showtanzen der Herren gewannen, vor den in Europa und jetzt auch in Amerika beliebten Soren & Bradley Stauffer-Kruse. Bei den 10 Tänzen der Herren gab es drei Paare, die in beiden Sektionen ausgeglichen gute Leistungen zeigten – auf europäische Turnieren eher eine Ausnahme. Der Sieg ging hier mal nicht nach Amerika, sonder nach knapper Entscheidung an Tony Marcieau & Stephane Galichet aus Frankreich.

Nun zum Showtanzen: Dies gehört in Amerika offensichtlich zu „guten Ton“, denn erstaundlich viele hochklassige Paare hatten eine Choreografie vorbereitet. Bei den Frauen waren 7 und bei den Herren 4 Paare am Start. Das Spektrum der Shows ging von Tango Argentino (sehr schön, nur leider haben wir die Show nicht identifizieren können), über Flamenco, Contemporary Ballet, Cinderella, Martial Arts, Robo Dancing bis hin zu rein akrobatischen Übungen, fast vollständig ohne jeglichen Tanzschritt. Dabei wurden verschiedenste zwischenmenschliche Dramen durchlitten, vor allem Trennung und Trennungsschmerz standen hoch im Kurs. Obwohl Hollywood nicht so weit weg ist, gab es am Ende zur selten ein Happy End. Manch aufmerksameR LeserIn wird sich sicherlich die Choreografie eines Frauenpaares zu  Florence an the Machine „Girl with one eye“ … I will cut your little heart out cause you make me cry … selbst denken können. Von Nils Hartvigson & Thomas Nisgaard Brink (Dänemark) durften wir als ihre erste Show eine Performance bestaunen, in der das „Böse“ Macht über das „Gute“ zu erlangen trachtete. Wie bei Copelia endete die Geschichte tragisch. Die beiden überzeugten nicht nur tänzerisch sondern auch als Puppenspieler und Marionette und heimsten viel Applaus ein. Dies gilt auch für Tanja und Ines. Bereits bei ihren ersten Schritten merkte man das Erstaunen im Publikum, das jetzt nicht nur eine Tanzvorführung geboten, sondern eine ganze Geschichte erzählt wurde. Mit Liebe zu Detail, denn Schatzkiste, Piratenhut und Rumbuddel wurden extra aus Europa importiert, und ausgewogener Mischung aus Schauspiel und Standardtanz. Dem Publikum blieb verborgen, nach welchen Kriterien die WertungsricherInnen die Performances beurteilt haben, denn vor allem bei den Frauenpaaren gingen die Meinungen der Juroren maximal weit auseinander. Das Geheimnis, warum es für Tanja und Ines nicht zu Mehr gereicht hat, werden die WertungsricherInnen mit nach hause nehmen. Gewonnen haben Sunny & Heather Brocket-Williams (USA).

Über die auch auf den GG9 stattfindenden Country und Western Turniere können wir an dieser Stelle nichts berichten, weil wir es einfach nicht jeden Tag von früh bis spät in der Eiskammer (von den Einheimischen als Ballroom bezeichnet) ausgehalten haben. Wir bitten unsere amerikanischen FreundInnen um Verständnis. Dies war die letzte Abendturnierveranstaltung für die Gay Games, da gehört es sich auch schon mal, dass am Ende die Siegerehrung die amerikanische Nationalhymne lautstark mitgesungen wird.

Wir werden noch über die laufenden Turniere der Frauen 45+ in Standard und Latein berichten können. Danach folgt noch der Ball, mit einem Einsatz für uns beim SiegerInnentanz und dann sich die GG9 auch schon wieder Geschichte.

Unser Fazit: In Amerika ist vieles anders, aber eine Turnierteilnahme lohnt sich auf jeden Fall. Die Hilfsbereitschaft der OrganisatorInnen und die Begeisterungsfähigkeit des Publikums machten es einem jedenfalls sehr angenehm. Die GG9 Teilnehmenden in der Stadt werden jetzt langsam weniger und auch für uns heißt es morgen, Koffer packen, Tanzschuhe gegen Wanderstiefel, Strassoutfit gegen Karo-Wanderhemd (für Kerstin natürlich nur Icebreaker) und Zip-Off kaki Wanderhosen, Haarlack gegen Sonnenhut und Make Up gegen Sonnencreme tauschen. In Amerika sind die Extreme zuweilen groß.

PS. Nicht nur auf der Tanzfläche wurde gekämpft. Auch die Berichterstattung in die Heimat bereitete ihre Tücken. Zuerst traf es Adrian, der mit dem Tablet in schlecht beleuchteten Räumen Bilder von ständig herumzappelnden Menschen machen musste, ohne zu sehen, ob und wann das Ding ein Foto ausgelöst hatte. Nur damit wir auch ein paar Bilder auf die Website stellen konnten, da es auch nach etlichen Anläufen Conny nicht gelungen war, die drahtlose Kommunikation zwischen ihrer Kamera und dem Minicomputer zum Laufen zu bringen. Toll dieser technische Fortschritt, wenn etwas zwar theoretisch versprochen wird, in der Realität aber nicht funktioniert. Zum Glück hatten wir aber am Ende auch 10 oder mehr Fotos vom gleichen Motiv im Speicher. Währenddessen machte Kerstin ihre ersten Erfahrungen mit dem Schreiben eine SMS für den Service an unsere TrainerInnen auf einem „Streicheltelefon“, begleitet von etlichen lauten und leisen Ausdrücken des Erstaunens, Entsetzens, Verzweifeln und Schlimmerem, das an dieser Stelle aus Rücksicht auf Minderjährige nicht berichtet werden kann. Als sie am Ende stolz ihr Ergebnis präsentierte, staunten wir ja schon nicht schlecht. Natürlich ist es gut, sich nicht an jede unsinnige Anweisung zu halten, aber wenn das Telefon sagt „Bitte Nachricht hier eingeben.“ und diese Feld nach Vollendigung des Schriftsatzes noch leer ist, aber dafür das Feld „An“ (für alle Streichtelefonunerfahrenen das Adressfeld) dicht beschrieben ist, dann sollte einem das doch zum Überdenken der eigenen Handlungen Anlass geben. Gut aber, dass die beiden beschäftigt waren, so konnte ich in der Zeit versuchen, mich als Facebook Novizin mit der dortigen Informations- und Kommunikationsflut auseinanderzusetzen, ohne hilfreiche fast-in-time Ratschläge aus der Heimat ein jedoch aussichtsloses Unterfangen.

PPS: Teile diese Blogs distanzieren sich ausdrücklich, von obiger, eindeutig nicht objektiver Beschreibung, weil sie weder berücksichtigt, dass ein ernstzunehmender Fotoapparat, ein Klick-Geräusch von sich gibt noch dass ein ernstzunehmendes  Handtelefon über Tasten verfügt und sich zuerst für den Inhalt und danach erst für den Adressaten interessiet.

PPPS: Der andere Teil des Blocks hält diese Ansichten für antiquiert.

PPPPS: Dies kann sich der eine Teil des Blocks auch erlauben aufgrund des jedeR aufmerksameN LeseIn der TiB Zeitschrift bekannten Alters.

PPPPPS: Nein!

PPPPPPS: Doch! … Nein! Doch! Nein! Doch! Nein! Doch! …

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