Der dritte Outgames-Turniertag (29.07.09)

Mittwoch: Kopenhagen ist eine wirklich schöne Stadt, und ich bin froh, dass ich das aus eigener Erfahrung wusste, bevor ich zu den Outgames gefahren bin. Denn in dieser Woche sehe ich von Kopenhagen eigentlich gar nichts. Also, zumindest ziemlich wenig. Heute ist das ein wenig bitter, denn der Sommer lacht durch die Hinterluken des DGI-byen und versucht einen herauszulocken ins Freie. Ich widerstehe notgedrungen, denn die Wertungsrichter haben beschlossen, dass ich heute noch Samaba und Paso Doble tanzen soll. Nur was? Während also draußen die Sonne lacht, bauen Stefan und ich drinnen einen Samba-Crashkurs in den Tagesplan ein. Andere konnten dem Wetter wohl weniger widerstehen; jedenfalls hat Moderatorin Soffie Dalsgaard heute freigenommen und einem freundlichen älteren Herren den Job überlassen, der eine gewisse Betulichkeit an den Tag legt, aber dafür weniger dummes Zeug redet als sie. Wobei in einem A-Finale ein wenig dummes Zeug zwischen den Tänzen ja so übel auch nicht ist für die Beteiligten…
Haupttagespunkt ist das größte Tanzturnier der Outgames 2009, die Hauptgruppe Frauen Standard. 55 Paare treten an; und weil man es hier so will, dass eine Klasse nicht mehr als 12 Paare hat, gibt es zusätzlich noch eine E-Klasse (in der nur Walzer und Quickstep getanzt werden). Die Logik dieser Denkweise erschließt sich nicht nur mir nicht. Auch andere schütteln hier zunehmend mit dem Kopf. Da es eigentlich gar keine richtigen E-Paare gab (das wären dann quasi Totalanfänger), war die E-Klasse voller D-Paare, in der D-Klasse waren die Paare, die eigentlich in den unteren C-Bereich gehören und in die C-Klasse durfte nur die sonstige bessere Hälfte der C. Dementsprechend hoch war dort das Durchschnittsnievau. Das war dann zwar schön anzusehen, aber die Idee des Sichtens ist eine andere, und es ist ärgerlich, dies nach so vielen Jahren erleben zu müssen, noch dazu von einem Ausrichter, der es eigentlich besser wissen müsste.
Aber nun zum Sport. Da verteilten sich pinkballrooms Paare heute mal über das ganze Feld hinweg. An Metall sprangen leider dennoch nur zwei Bronzemedaillen heraus, nämlich für Anja Börner und Gaby Draheim in C und für Hildegard Arkenstette mit amerikanischer Gelgenheitspartnerin in E. Darüber hinaus gibt es aber noch erfreuliches aus der A-Klasse zu berichten. Hinter der erwarteten Aufreihung der souveränen Favoritinnen Privou/Zimmermann (Gold), Reger/Dlouhy (Silber) und Rencsisovszki/Füleki (Bronze) nutzen Kerstin Kallmann und Conny Wagner die Gunst der Stunde und sicherten sich klar den vierten Platz. Und nur ein einziges fehlendes Kreuz in einer stark bestzten Hoffnungsrunde hat verhindert, dass auch Ulrike Hesselbarth und Tania Dimitrova ins A-Finale eingezogen sind.
Eingeschachtelt in das größte Outgamesturnier wurde heute neben einem Mixed-Turnier (dessen Sinn und Wert wie immer für Diskussionen sorgt) auch das kleinste gleichgeschlechtliche Turnier der Outgames, das Seniorenlateinturnier der Männer. 11 Paare in zwei Klassen (A+Csollten es werden, und nach der outgameseigenen Arithmetik müssen dann halt 5 Paare in die A, auch wenn nur zwei eigentliche A-Paare am Start sind. Dies führte dann halt zu dem von mir schon erwähnten Samba-Crashkurs. Der Zweikampf um Gold wurde knappstmöglich zugunsten von Niels Henrik Hartvigson und Michlas Brosé entschieden, die den Seriensiegern bei den Senioren Latein, Michael Hall und George Tzoulas, ihre erste Niederlage zufügten. Dahinter musste ja noch irgendjemand Bronze bekommen. Und wie das Schicksal (oder doch das Können?) es wollte, bekamen Stefan und ich diese Medaille. Da stand ich nun also mit einer Lateinmedaille um den Hals, und ich finde das immernoch ein klein wenig absurd. Aber Senioren Latein ist nun einmal DIE Marktlücke im gleichgeschlechtlichen Tanzen, und wenn niemand anders will….
Das Mittwochsprogramm bewegte sich teilweise vor dem ausgehängten Zeitplan. Das führte zu berechtigtem Unmut bei den Teilnehmern, die manchmal Hals über Kopf und unpräpariert auf die Tanzfläche mussten, gefiel aber dem Vorstand der European Same-Sex Dance Association (ESSDA), der für den Abend zur jährlichen Mitgliederversammlung geladen hatte. 2008 in Barcelona musste diese wegen starker Zeitplanüberziehung noch auf ein Rumpfprogramm reduziert werden. Diesmal hatte man volle Stunden und konnte sogar noch eine Frage-und-Antwort-Runde einlegen am Ende. 30 der inzwischen über 160 Mitglieder waren persönlich anwesend und dazu gab es noch etliche übertragene Stimmrechte. Spannende Abstimmungen gab es allerdings keine. Alle Protokolle und Anträge wurden einstimmig durchgewunken und da es für die zwei zurücktretenden Vorstandsmitglieder Jacky Logan und Ralf Schiller nur zwei neue Kandidaten gegeben hatte, wurden Hadass Armon und Angelo Berbotto ohne Abstimmung neu in den Vorstand berufen.
Das für mich Erwähnenswerteste des Meetings war, dass ein halbes Dutzend interessierte Niederländer anwesend waren und es auch in der Diskussion zum ersten Mal dazu kam, auch niederländische Sichtweisen auf den Tisch zu bringen. Bis jetzt hatten die Niederländer die ESSDA geflissentlich ignoriert und sich dadurch auch ein wenig in Isolation begeben. Nun scheint es so, dass die ESSDA in Zukunft vielleicht doch ein gesamteuropäischer Verband werden kann.

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